Martin Kuric, Universität Würzburg
Ich schaue auf mein Handy, es ist 9:17. Ich freue mich, dass ich meine Arbeit selbst organisieren darf, das ist heutzutage nicht selbstverständlich . Auf dem Weg in die Zellkultur wünsche ich jedem einen guten Morgen. Meine Flüssigkulturen sind orange, nicht trüb und unter dem Mikroskop sehe ich mehr Zellen als gestern. Ich freue mich, dass das Experiment gut läuft, das ist nicht selbstverständlich . Trotzdem überdenke ich ständig meine Strategie, aber verschiebe neue Ideen meistens auf den zweiten Versuch. Ein zweiter, dritter,… zwanzigster Versuch ist immer nötig, denn es läuft nie so, wie man will, das ist selbstverständlich . Probieren geht über Studieren, nach sechs Jahren Studium finde ich das ironisch. Wenn dann das Ergebnis da ist, entscheide ich, was davon Müll und was tatsächlich Biologie ist und ob vorherige Ergebnisse nicht vielleicht doch Müll sind. Ich nenne das Fortschritt, obwohl ich Fort stolpern treffender finde. Manche Menschen würden bei so einer Arbeit ungeduldig, ja sogar frustriert werden. Aber ich liebe das. Sokrates fand das, so wie ich, selbstverständlich : Große Probleme löst man, indem man es in zwei kleine Probleme teilt. Nun weiß ich nicht, wie oft man das Problem „Heilung von Krebs“ teilen muss, um es zu lösen… Aber irgendwann wird Krebs geheilt sein. Das ist zumindest meine Vision und die von µbone. Und diese Vision ist alles andere als selbstverständlich.
I look at my phone, it’s 9:17 am. I am glad that I am allowed to organize my work myself, which you can‘t take for granted these days. I wish everyone a good morning on the way to my cell cultures. My liquid cultures are orange, not cloudy and under the microscope I see more cells than yesterday. I’m happy that the experiment is going well, which you shouldn‘t take for granted . Nevertheless, I constantly rethink my strategy, but mostly postpone new ideas to the second attempt. You always need a second, third, … twentieth attempt, because it never goes the way you want it. That you can take for granted . The proof of the pudding is in the eating, they say. All I know that it definitely isn‘t in the books I read during my studies. When I get the results, I filter out the parts that are garbage, take the parts that are actual biology and decide whether previous results might technically be garbage. I call that progress , though I find the Latin expression prolabor to be more accurate (it means „I stumble forward“). Some people would become impatient, even frustrated, doing such a job. But I love it. Socrates, like me, took this for granted : Big problems are solved by splitting them into two small problems. Well, I do not know how often you have to split the problem of “curing cancer” to solve it … but eventually cancer will be cured. At least that’s my vision and that of µbone. And that vision I do not take for granted .
[Foto: Christian Regiment]